Dreiteilige Serie zu Legal RPA: Robotergestützte Prozessautomatisierung in Zeiten der Digitalisierung (Teil 2)

Von Dr. Martin Allmendinger und Patrik Walter — In dieser dreiteiligen Beitragsserie möchten wir Ihnen Legal RPA (robotergestützte Prozessautomatisierung) näher bringen. Unsere Autoren sind Experten des Digitalisierungsunternehmens OMM Solutions GmbH, das mithilfe von RPA bereits die Prozesse zahlreicher Organisationen erfolgreich automatisiert hat. Allmendinger und Walter beleuchten dabei das Warum, das Wie (Teil 2) und das Was der RPA in Zeiten der Digitalisierung und gehen der Frage nach, wie Juristen mit Legal RPA Kosten einsparen können.

Nachdem wir im ersten Teil in das Konzept sowie die Vorteile Robotergestützter Prozessautomatisierung (RPA) für die Rechtsbranche eingeführt haben, geht es nun um die Funktionsweise sowie die Ressourcen, die zur Realisierung von Legal RPA nötig sind. Oftmals werden Robotergestützte Prozessautomatisierung sowie Künstliche Intelligenz in einem Atemzug genannt. Doch obschon für RPA-Systeme Tasten oder Felder in einem Programm erkennbar sind, geht RPA – im Gegensatz zu KI – regelbasiert (deterministisch) vor. Dementsprechend befolgt der Roboter vom Menschen vorgegebene und aus strukturierten Daten bestehende Prozessschritte.

Zum besseren Verständnis lässt sich die Funktionsweise von RPA mit Makros vergleichen, wie sie aus Microsoft Excel bekannt sind. Ein Excel-Makro ist nichts anderes als eine automatisierte Abfolge von Klicks innerhalb des Programms Microsoft Excel. Realisierbar ist ein Makro beispielsweise, indem die Klickabfolgen des Nutzers aufgezeichnet werden. Alternativ oder ergänzend kann das Makro auch mit einer Skriptsprache (= Visual Basic for Applications (VBA)) von einem Programmierer entwickelt werden.

Tatsächlich erfolgt auch RPA über die Aufzeichnung von Klickabfolgen oder die manuelle Eingabe von Programmier-Befehlen. Doch während mit Excel Makros nur Klickabfolgen in einem Software-System (=Excel) automatisierbar sind, erstreckt sich der Anwendungsbereich von (Legal) RPA über mehrere, voneinander unabhängigen Software-Systeme. So kommt Robotergestützte Prozessautomatisierung ungeachtet der jeweils vorliegenden unternehmensindividuellen Software-Landschaft zum Einsatz. Dabei fungiert sie als Brückenbauer zwischen den Brüchen verschiedener IT-Systeme wie bspw. Dokumenten-Management-Tools, Excel-Tabellen, DATEV, Mail-Programmen etc. Folglich erfordert die RPA-Implementierung keine ressourcen- sowie zeitintensiven Veränderungen der IT-Infrastruktur.

Um zu entscheiden, ob RPA genutzt wird, sind bestehende Prozesse zu erfassen und auf den Mehrwert Ihrer Automatisierung hin zu analysieren. Untersucht wird, wie oft der Prozess auftritt, wie viele Bearbeitungsschritte er umfasst und wie fehleranfällig er bei menschlicher Bearbeitung ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Prozess auf Basis logischer Schritte und ohne Wissensinput des Mitarbeiters durchführbar ist. Sollte Letzteres nicht der Fall sein, gilt es zu prüfen, ob zumindest Teile des gesamten Prozesses automatisierbar sind. So könnten Mitarbeiter bspw. per E-Mail mit dem Robot kommunizieren und Dateien austauschen, die verarbeitet werden sollen.

[Mit digitalen Lösungen wie dem Process Assessment Tool (PAT) können Sie Prozesse strukturiert aufnehmen und Einsparpotenziale berechnen.]

Erstellt werden Prozesse mit Hilfe einer Entwicklungsapplikation für den Robot (ausführender Service). Sobald ein Prozess erfolgreich erstellt ist, wird dieser an den Robot weitergegeben und von diesem abgearbeitet. Ausgelöst wird diese Prozessdurchführung entweder manuell oder zeit- bzw. ereignisgesteuert. Dies ermöglicht es etwa, einen Prozess auch nachts oder am Wochenende und damit außerhalb der der üblichen Geschäftszeiten laufen zu lassen.

Neben der Frage der technischen Umsetzbarkeit erfordert die Automatisierung mit RPA auch verschiedene Kompetenzprofile mit entsprechend geschulten Mitarbeitern. Benötigt werden z.B. ein Prozessexperte für das Analysieren der in der Organisation anfallenden Prozesse sowie eine Fachexpertise für die einzelnen Prozessschritte. Zudem erfordert die Implementierung von RPA-Prozessen IT-affine Mitarbeiter. Zwar ist es vorteilhaft, wenn diese Affinität Programmierkenntnisse umfasst, zwingend notwendig sind diese jedoch nicht. Entscheidender ist vielmehr das Bewusstsein, dass RPA-Entwicklung ein kontinuierlicher Lernprozess ist, der auf diese Anforderung zunächst besonders lernwillige Mitarbeiter benötigt.

Vor dem Hintergrund der verfolgten RPA-Strategie ist zudem zu entscheiden, ob RPA-Entwicklungskompetenz selber aufgebaut oder die Automatisierung durch externe Dienstleister vollständig ausgelagert wird. Auch Mischformen sind denkbar, etwa im Zuge des langfristigen Aufbaus eines organisationseigenen Center of Excellence.

Hinsichtlich der Wahl eines geeigneten RPA-Anbieters sind neben dem thematisierten Kompetenzprofil der Entwickler auch weitere Faktoren wie:

  • Lizenzkosten,
  • individuelle Konfigurationsmöglichkeiten,
  • sowie Unterstützungsmöglichkeiten seitens einer großen Entwickler-Community einzubeziehen.

Gegenwärtig werden laut Forrester Wave insbesondere UiPath, Blue Prism und Automation Anywhere als führende Anbieter ausgewiesen.

Über die Wahl eines passenden Software-Anbieters hinaus ist beim Einsatz von RPA darauf zu achten, die damit verbundenen Ziele intern klar zu kommunizieren. Legal RPA dient dazu, dass Mitarbeiter der Rechtsbranche von repetitiven, als ermüdend wahrgenommen Tätigkeiten befreit. In einem nächsten Schritt können die entsprechend frei gewordenen Kapazitäten zur Fokussierung auf die Bedürfnisse von Mandanten oder die (internen) Kunden von Rechtsabteilungen genutzt werden.

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Dr. Martin Allmendinger
Patrik Walter

Die Autoren arbeiten für das Digitalisierungsunternehmen OMM Solutions GmbH, das mithilfe von RPA bereits die Prozesse zahlreicher Organisationen erfolgreich automatisiert hat. Gerne können Sie sich bei Interesse an RPA-Workshops oder der gemeinsamen Automatisierung Ihrer individuellen Prozessen mit RPA an die OMM-Experten wenden (https://www.tech-automation.eu/).

OMM war zudem im Jahr 2019 Organisator der 1. Legal Innovation Challenge in Baden-Württemberg, bei der interdisziplinäre Teams an einem Tag digitale Lösungen für die Rechtsbranche entwickelten.