Flightright: Pioniere der Fluggastentschädigung – Interview mit Dr. Philipp Kadelbach

Flightright ist das marktführende Verbraucherportal für die Durchsetzung von Fluggastrechten. Im Gespräch mit dem Legal Tech Blog berichtet Gründer Dr. Philipp Kadelbach, welche Faktoren maßgeblich waren für den großen Erfolg dieses Pionierprojekts.

LTB: Lieber Herr Dr. Kadelbach, mit Flightright betreiben Sie das marktführende Verbraucherportal für die Durchsetzung von Fluggastrechten. Wie funktioniert Ihr Geschäftsmodell?

Kadelbach: Wenn man Probleme mit einer Fluggesellschaft hat, ist der Weg zum Anwalt in der Regel zeit- und kostenaufwendig. Zudem besteht wegen der vielen unklaren Sachverhalts- und Rechtsfragen ein erhebliches Risiko, statt mit einem “Plus” mit einem “Minus” aus der Sache rauszukommen. An dieser Stelle setzen wir an, indem wir als online-basierte Rechtsdienstleistung die Durchsetzung der Ansprüche des Fluggastes rein erfolgsbasiert vollständig übernehmen. Diese digitale Rechtshilfe bieten wir seit mehr als acht Jahren an.

Die Basis unserer Arbeit bildet die von uns selbst programmierte Datenbank, in der über 80 Millionen Datensätze erfasst sind, die jeden Tag aktualisiert werden und Streiks, Wetterangaben, neueste Rechtsprechungen sowie Flugdaten aus ganz Europa berücksichtigen. So erkennt das System innerhalb weniger Sekunden, ob ein Passagier, der seine Daten in den Entschädigungsrechner auf unserer Website eingibt, Anspruch auf Entschädigung gemäß EU-Recht hat. Nachdem der Kunde Flightright mit der Durchsetzung seiner Rechte gegenüber der Fluggesellschaft beauftragt hat, übernehmen wir die Arbeit und vertreten die Ansprüche gegenüber der jeweiligen Airline. Notfalls auch vor Gericht.

LTB: Wer sind die Gründer und Hauptverantwortlichen?

Kadelbach: Hinter Flightright stecke natürlich zum einen ich als Gründer und promovierter Jurist. Vor acht Jahren habe ich Flightright zusammen mit Sven Bode gegründet. Ein Erfolgsfaktor war sicherlich, frühzeitig hochqualifizierte Talente aus dem nicht-juristischen Bereich für unsere Mission zu begeistern. Einer davon ist Sebastian Legler, seit letztem Jahr unserer CEO. Sebastian hat einen starken betriebswirtschaftlichen Hintergrund und langjährige Erfahrung im Bereich Management.

LTB: Wie groß ist das Team von Flightright?

Kadelbach: Mittlerweile zählt unser Team über 100 Mitarbeiter, die aus 22 verschiedenen Ländern kommen. Darüber hinaus arbeiten wir mit einer Vielzahl von deutschen und internationalen Partnerkanzleien zusammen. Wir bringen Fälle vor 150 verschiedene Gerichte überall in Europa. Die Prozessführung übernehmen unsere lokalen Vertragsanwälte.

LTB: Wie ist die Idee zu Flightright entstanden?

Kadelbach: Den Grundstein für die Entstehungs- und Erfolgsgeschichte von Flightright legte ein sehr persönliches Erlebnis. Ich war für einen Gerichtstermin in Amsterdam. Es war wichtig, dass ich anschließend wieder schnell nach Berlin kam, da dort in Vorbereitung meiner anstehenden Trauung nachmittags ein Termin mit dem Pfarrer stattfinden sollte. Der Rückflug war für 14 Uhr angesetzt. Am Amsterdamer Flughafen hieß es jedoch, dass der Flug frühestens 19 Uhr abheben würde. Ich habe dann schnell gehandelt und mir auf eigene Faust einen Ersatzflug organisiert, für den ich 300 Euro auf den Tisch gelegt habe. Am Ende kam ich nur eine Viertelstunde zu spät zu unserem Termin. Den Segen vom Pfarrer haben wir zum Glück trotzdem bekommen. Mein Ärger über die Verspätung war groß, sodass ich mich entschloss die Airline zu kontaktieren und die mir zustehende Entschädigung einzufordern. Am Anfang zeigte sich die Fluggesellschaft auch durchaus kooperativ. Das änderte sich jedoch schnell und ich hörte nichts mehr von ihr. Dieses Verhalten hat mich verärgert und ich dachte, dass es doch echt einfach nicht sein kann, dass man trotz berechtigten Anspruchs lapidar abgewimmelt und unfair behandelt wird.

Zusammen mit einem Freund kam mir dann die entscheidende Idee, wie man Fluggäste auf einfachem Wege dabei unterstützen könnte die ihnen zustehende Entschädigung zu bekommen. So war die Idee einer modernen und online-basierten Rechtsdienstleistung geboren, mit deren Hilfe wir Kunden mit den übermächtig erscheinenden Fluggesellschaften auf Augenhöhe bringen. Im Februar 2010 stand das Projekt dann in den Startlöchern.

LTB: Wie ist der “normale” Ablauf, wenn ein Kunde mithilfe von Flightright eine Entschädigung gegenüber einer Airline geltend machen will?

Kadelbach: Sobald der Besucher unserer Website die Daten zu seinem verspäteten oder ausgefallenen Flug in den Entschädigungsrechner eingegeben hat, prüfen wir mittels unseres Algorithmus und den jeweiligen Buchungsunterlagen die Korrektheit der Angaben und ob ein Entschädigungsanspruch vorliegt. Kommt diese Prüfung zu einem positiven Ergebnis, informieren wir den Nutzer darüber. Nachdem dieser uns durch seine Unterschrift offiziell mit der Durchsetzung des Falls beauftragt hat, nehmen wir Kontakt zur Airline auf und fordern im Auftrag unseres Kunden die Auszahlung einer Entschädigung ein. Die Höhe der Entschädigungssumme variiert je nach Länge der Flugstrecke von 250 bis 600 Euro.

Die Bearbeitung eines Falles kann unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Jedoch beobachten wir, dass Fluggesellschaften seit dem Bestehen von Fluggastportalen wie Flightright schneller reagieren. So gibt es in der Tat zahlreiche Fälle, in denen die Anspruchsdurchsetzung für unsere Kunden innerhalb weniger Tage erfolgreich ist. Mit unserem Bestreben die Prozessabwicklung unsererseits stetig zu optimieren, wollen wir erreichen, dass die Fälle schnellstmöglich durchgesetzt werden. Dennoch kommt es in Einzelfällen durchaus vor, dass unsere Kunden bis zu zwölf Monate Geduld haben müssen, bis sie ihr Geld sehen. In der Regel sind dafür die Verzögerungstaktiken einzelner Airlines verantwortlich, z.B. in Form von verspäteten oder ausbleibenden Rückmeldungen, sowie das außerhalb unseres Einflusses liegende Arbeitstempo der einzelnen Gerichte.

LTB: Wie funktioniert das Abrechnungsmodell von Flightright?

Kadelbach: Sobald die Airline die Entschädigungszahlung geleistet hat, überweisen wir unserem Kunden den ihm zustehenden Betrag. Über die Summe wird er zu Beginn des Durchsetzungsprozesses informiert. Die Höhe unserer Provision hängt von der Komplexität des einzelnen Falles ab und liegt zwischen 20 und 30 Prozent der Entschädigungssumme. Wenn wir mit unserem Vorgehen anders als erwartet doch keinen Erfolg haben, entstehen dem Kunden keine Kosten.

LTB: Was verschafft Flightright gegenüber anderen Anbietern einen Vorteil?

Kadelbach: In Deutschland gehören wir zu den Pionieren im Bereich Fluggastentschädigung und können auf jahrelange Expertise zurückblicken. Wir verfügen also über jede Menge Erfahrungswerte, die dazu beigetragen haben, dass wir unsere Dienstleistung über die Jahre stetig verbessern konnten. Unsere Daten werden über Machine Learning Algorithmen verarbeitet, sodass wir für jeden Fluggast und jeden Fall die optimale Vorgehensweise bestimmen können. Außerdem scheuen wir uns auch nicht vor wirklich komplizierten Fällen. Wir haben viele Grundsatzurteile vor dem BGH und EuGH erwirkt, die die Rechte der Verbraucher gestärkt haben. Insgesamt – das wissen wir aus Vergleichen mit Wettbewerbern – erkämpfen wir damit deutlich häufiger eine Entschädigung für den Fluggast als es bei anderen Spielern im Markt der Fall ist.

LTB: Wie wurde Flightright zum Marktführer in diesem Bereich?

Kadelbach: Da ich selbst Anwalt bin, hat Flightright eine starke rechtliche DNA. Wir haben deshalb von Anfang an auf unsere juristische Kompetenz vor Gericht gesetzt. Dazu gehört unser europaweites Anwaltsnetzwerk. Dazu gehört aber auch mal einen Fall vor Gericht durch mehrere Instanzen zu fechten, wohlwissend, dass wir selbst an dem Fall nichts verdienen werden. Aber unsere Überzeugung ist: Wenn wir etwas Gutes für unsere Kunden tun, wird auch Flightright erfolgreich sein. Unser Motto ist: Immer die Extrameile gehen!

LTB: Nutzen bestimmte Personengruppen Flightright eher als andere? Welche Unterschiede gibt es im Hinblick auf Alter und/oder Geschlecht der Kunden?

Kadelbach: Unsere häufigste Kundengruppe ist die Familie auf dem Weg in die Sommerferien. Aber generell ist unser Kundenstamm natürlich breit gestreut und deckt alle demographischen Gruppen ab.

LTB: Was konnten Sie von früheren Entwicklungsstufen lernen?

Kadelbach: Die größte Lernerfahrung für mich war eigentlich, wie unterschiedlich einzelne Fluggesellschaften doch auf uns reagiert haben. Manche Airlines handeln fair und im Interesse ihrer Kunden. Andere Gesellschaften hingegen bekämpfen uns, wo sie nur können. Die Methoden, die dabei zum Einsatz kommen, haben mich teilweise schon erstaunt.

LTB: Welche Ziele möchten Sie mit Flightright kurzfristig/mittelfristig erreichen?

Kadelbach: Heute wird nach wie vor nur ein Bruchteil der möglichen Entschädigungen von Fluggesellschaften eingefordert. Unser oberstes Ziel ist es daher, bei noch mehr Fluggästen ein Bewusstsein für das Thema Fluggastrechte zu schaffen. Zudem arbeiten wir an weiteren Produkten, die unseren Service für den Verbraucher noch besser machen werden.