BGH-Urteil: Wenigermiete.de darf Ansprüche von Mietern weiterhin durchsetzen

Der BGH hat mit Urteil vom 27.11.2019 entschieden, dass wenigermiete.de (LexFox GmbH) als Inkassounternehmen rechtliche Ansprüche von Mietern aus den Vorschriften zur Mietpreisbremse auch zukünftig wie bisher durchsetzen darf. Exemplarisch ging es bei der Entscheidung um den Fall eines Mieters aus Berlin, der laut Mietspiegel rund 24 € zu viel Miete zahlte. Das Urteil ist richtungsweisend, weil auch andere Legal-Tech-Unternehmen mit einem ähnlichen Geschäftsmodell arbeiten.

“Die heutige Entscheidung des BGH ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz”, findet Dr. Daniel Halmer, Rechtsanwalt und Gründer von wenigermiete.de. “Die Durchsetzung von kleinen und mittleren Ansprüchen über klassische Kanzleien war bisher so teuer, dass kaum ein Verbraucher seine Rechte eingefordert hat. Unternehmen wussten das und haben deshalb systematisch gegen geltendes Recht verstoßen. Mit unserer Technologie und dem Inkasso-Modell senken wir Kosten soweit, dass es sich endlich lohnt, auch kleine Rechtsansprüche von Verbrauchern zu verfolgen und durchzusetzen.”

Die Richter am BGH argumentieren, dass eine weite Auslegung des Inkasso-Begriffs im Sinne einer modernen Rechtsdurchsetzung vom Gesetzgeber gewollt ist und durch vorherige Urteile des BVerfG sogar bereits impliziert wurde. Der Gesetzgeber habe mit dem im Jahr 2008 in Kraft getretenen Rechtsdienstleistungsgesetz, wie sich aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens eindeutig ergebe, das Ziel einer grundlegenden, an den Gesichtspunkten der Deregulierung und Liberalisierung ausgerichteten Neugestaltung des Rechts der außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen verfolgt. Hierbei habe er ausdrücklich an die noch zum Rechtsberatungsgesetz ergangene und bereits in diese Richtung weisende Rechtsprechung des BVerfG anknüpfen wollen, diese umsetzen und fortführen und hierbei zugleich den Deregulierungsbestrebungen der EU-Kommission im Bereich des freien Dienstleistungsverkehrs Rechnung tragen.

Dabei habe dem Gesetzgeber auch vor Augen gestanden, dass das Rechtsdienstleistungsgesetz die Entwicklung neuer Berufsbilder erlauben und damit, insbesondere mit Blick auf die nach der Einschätzung des Gesetzgebers zu erwartenden weiteren Entwicklungen des Rechtsberatungsmarktes, zukunftsfest ausgestaltet sein solle. Das BVerfG hatte in dem vorstehend genannten Beschluss – in dem es ebenso wie im vorliegenden Fall um ein Inkassodienstleistungsunternehmen mit einer entsprechenden behördlichen Erlaubnis ging – hervorgehoben, dass mit der Rechtsberatung insbesondere durch ein Inkassounternehmen grundsätzlich die umfassende und vollwertige substantielle Beratung der Rechtsuchenden, wenn auch nur in einem bestimmten, im Gesetz genannten Sachbereich (wie der außergerichtliche Einziehung von Forderungen durch Inkassounternehmen) gemeint sei. Setze das Inkassounternehmen die von ihm verlangte, überprüfte und für genügend befundene Sachkunde bei der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen ein, so sei nicht erkennbar, dass damit eine Gefahr für den Rechtsuchenden oder den Rechtsverkehr verbunden sein könnte.

Im vorliegenden Verfahren war eine zentrale Frage die, ob Mieter ihre Ansprüche überhaupt an wenigermiete.de abtreten dürfen. In einigen Gerichtsbezirken wurden Klagen des Portals mit dem Verweis auf eine “fehlende Aktivlegitimation” abgewiesen. Genau dagegen hat wenigermiete.de (LexFox GmbH) immer wieder geklagt und diese Frage selbst vor den BGH gebracht, der heute dazu entschieden hat. Dieser gab wenigermiete.de in dieser Frage Recht und verwies erneut auf vorangegangene Entscheidungen des BVerfG (2002 und 2004). “Bevor wir unser Angebot für Mieter starteten, haben wir genau recherchiert, was geht und was nicht. Wir freuen uns daher sehr, dass der Bundesgerichtshof dies (in allen wesentlichen Punkten) genauso sieht”, erklärt Halmar weiter. “Nämlich, dass unsere Lizenz als eingetragener Rechtsdienstleister unser Angebot zur Mietpreisbremse vollumfänglich abdeckt und dass die rechtlichen Fragen bereits durch vorherige Urteile hinreichend diskutiert und geklärt wurden.”

Grundsätzlich ist nach dem Wortlaut des Rechtsdienstleistungsgesetzes (§ 2 Abs.2 , § 10 Abs. 1 RDG) nicht spezifiziert, welche Art von Ansprüchen durch Inkasso eingezogen werden dürfen. Unklar ist, ob nur Geldansprüche oder auch andere Forderungen Gegenstand des Inkassoauftrags sein können. Hierunter fällt unter anderem die Frage, ob wenigermiete.de auch Auskünfte wie den Energieausweis oder Informationen zum Vormietvertrag einfordern darf. Der BGH hat diesbezüglich entschieden, dass wenigermiete.de alle Ansprüche wie bisher einfordern darf.

Darüber hinaus wurde diskutiert, in welchem Umfang ein Inkassounternehmen Rechtsberatung durchführen darf. Hierunter fällt insbesondere die Frage, ob bspw. der Mietpreisrechner auf wenigermiete.de eine schematische Darstellung eines Anspruchs ist oder eine individuelle Rechtsberatung, die nach Rechtsdienstleistungsgesetz nur Anwälten vorbehalten ist. Der BGH hat auch hier im Sinne einer weiten Auslegung des Inkassobegriffs optiert und entschieden, dass wenigermiete.de den Mietpreisrechner auch weiterhin anbieten darf. “Wir haben mächtige Lobbys gegen uns gehabt: Die Automobilindustrie, die Anwälte, die Immobilienkonzerne. Keine dieser Parteien arbeitet im Interesse der Verbraucher”, kritisiert Halmar deutlich. Diese Industrien seien gegen moderne, effiziente Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung, um ihren Besitzstand zu wahren und die Profite zu maximieren. “Wir werden nun genau dort weitermachen, wo wir aktuell schon dran sind: Wohnungsunternehmen brechen systematisch geltendes Recht – wir setzen uns dafür ein, dass Mieter zu ihren Ansprüchen kommen.”

BGH und Wenigermiete.de PM vom 27.11.2019