Interview mit dem advocado Gründer Maximilian Block

by Samuel Ju

Ende Mai haben wir über das siebenstellige Investment bei dem Legal-Tech-Startup advocado berichtet. In einem Interview haben wir nun mit dem Gründer und Geschäftsführer Maximilian Block über das Geschäftsmodell von advocado, die Hintergründe des Investments und seine Sicht auf die Legal-Tech-Szene in Deutschland gesprochen.

 Samuel Ju: Hallo Max, herzlichen Glückwunsch zu Eurem neuen Investment. Bitte beschreibe in wenigen Sätzen, was advocado macht (kurzer Pitch, wieviele Mitarbeiter) und welches Geschäftsmodell dahintersteht (wie verdient ihr Geld, wer sind Eure Hauptkunden und Cash Cows?)

Maximilian Block: advocado ist ein Rechtshub, der den Zugang zum Recht sowohl für Privatpersonen als auch für Geschäftskunden vereinfacht. Der Mandant erhält für jedes Rechtsproblem eine kostenfreie Ersteinschätzung, bei Bedarf dann anschließend ein auf seine Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot zum Festpreis. Gestartet sind wir ursprünglich als eine reine Software-as-a-Service Lösung für Anwälte. Wir haben jedoch schnell gemerkt, dass die Anwälte Schwierigkeiten bei der Vermarktung haben. Im Laufe der Zeit ist aus advocado dann ein Marktplatz für Rechtsdienstleistungen geworden. Wir bieten nun die gesamte Wertschöpfungskette von der Leadgenerierung bis zur Abwicklung des Mandats. In der Regel erhalten wir eine Gebühr in Höhe von 25 % von der über unsere Plattform durchgeführten Transaktion. Beratungsschwerpunkte sind aktuell Erb-, Bau- und Immobilienrecht sowie Marken- und Vertragsrecht. Wir sind aktuell insgesamt 14 Mitarbeiter, davon sind 6 festangestellte Vollzeitmitarbeiter.

Samuel: Seht ihr Euch in Konkurrenz zu anwalt.de, anderen Anwalts-Suchservices und Legalbase und wie grenzt ihr Euch von diesen und anderen Anbietern auf dem Markt ab, die Rechtsberatung zum Festpreis anbieten?

Maximilian: Bei advocado ist der Anwalt das Produkt. Wir sehen uns mit unserer Software als der Helfer für den potentiellen Mandanten und arbeiten daran, den Kommunikationsfluss zu standardisieren. Wir bieten nicht reine Leadgenerierung, sondern bilden den gesamten Prozess bis zur Fertigstellung des Mandats ab. Der Unterschied zu anderen Anbietern ist, dass dort nur standardisierte „Produkte“ angeboten werden, während bei uns das individuelle Mandat im Vordergrund steht.

Samuel: Ihr bietet auch Rechtsberatung für Unternehmen an. Macht dieser Geschäftszweig einen signifikanten Anteil Eures Umsatzes aus oder ist es doch schwerpunktmäßig eher das B2C-Geschäft?

Maximilian: Es ist bei uns ein fließender Übergang, weil viele Privatkunden auch Geschäftskunden werden oder auch umgekehrt.

Samuel: Wie beurteilst Du generell die Legal-Tech-Szene in Deutschland? Und wie im Vergleich zur USA?

Maximilian: Die Legal-Tech-Szene in den USA ist im Vergleich zu Deutschland schon deutlich weiter. Wir sind doch ein paar Jahre hinterher. Dort wird auch viel mehr investiert, während in Deutschland noch viel getestet und probiert wird. Aber ich gehe davon aus, dass sich 2017 und 2018 auch bei uns sehr viel bewegen wird. Die Geschäftsmodelle werden reifer, insbesondere was den Einsatz von Künstlicher Intelligenz betrifft. Auch die Anwaltschaft hat langsam verstanden, dass Legal Tech eine Chance bietet, sich neu auf dem Markt zu positionieren und zu etablieren.

Samuel: Wie kam der Kontakt zu den bestehenden und neuen Investoren zustande?

Maximilian: Wir haben viel Networking betrieben und sind immer authentisch geblieben. Die neuen Business Angels kennen wir schon etwas länger, der Kontakt wurde immer weiter vertieft. Über die Zeit haben dann beide Seiten festgestellt, dass eine Zusammenarbeit für alle von Vorteil ist.

Samuel: Wie viele Gesellschafter seid ihr nun?

Maximilian: Wir sind vier Gründungsgesellschafter und haben nun insgesamt sechs externe Gesellschafter – darunter mit Dr. Jochen Brandhoff und Dr. Timo Gansel zwei Anwälte, die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern, der ehemalige SAP-Manager Dr. Wolfgang Kemna sowie die Unternehmensberaterin Ingrid Hiesinger.

Samuel: Was für Tipps kannst Du anderen Legal-Tech-Startups geben, die auf der Suche nach einem Investment sind?

Maximilian: Authentisch sein, viel netzwerken und Kontakte regelmäßig pflegen. Man muss am Ball bleiben. Und man sollte von Anfang an ein interdisziplinäres und agiles Team, das idealerweise Startup-affin ist, aufbauen. Außerdem sollten sich die Gründer gut ergänzen. Ich und mein Co-Founder Jacob Saß sind zwar gleichberechtigte Geschäftsführer, aber er ist eher mein Gegenpol. Ich habe Jura studiert, er BWL – da treffen Welten aufeinander. Die besten Entscheidungen sind jedoch oft gerade erst aufgrund dieser Gegensätze getroffen worden – wir ergänzen uns so sehr gut.

Samuel: Wofür wollt ihr das Investment einsetzen?

Maximilian: Wir wollen mit dem Investment die Plattform weiterentwickeln. Vor allem aber wollen wir im Bereich Marketing und Sales deutlich aktiver werden, um die Weichen für die Skalierung zu stellen.

Samuel: Wo siehst Du advocado in einem Jahr und in drei Jahren?

Maximilian: In einem Jahr wird advocado einen signifikanten Anteil in der DACH-Region haben. In drei Jahren werden wir DER Ansprechpartner für Rechtslösungen in Deutschland sein. Momentan spielt der US-Markt noch keine Rolle, weil es dort viele gestandene Player wie Legalzoom, avvo oder Rocket Lawyer etc. gibt. Aber als langfristiges Ziel wird auch dieser Markt eine Rolle spielen.