LAW MEETS CODE – Podiumsdiskussion in Hamburg

By Nico Kuhlmann

Am Donnerstag, dem 20. Oktober 2016, veranstaltete die Fachgruppe Legal Technology des Bucerius Law School Alumni Vereins in Hamburg eine Podiumsdiskussion zum Thema “LAW MEETS CODE”, in deren Rahmen der Frage nachgegangen wurde, was es eigentlich heißt, als Jurist an der Schnittstelle von Recht und Technologie unterwegs zu sein.

Auf dem Panel saßen fünf Alumni der Bucerius Law School, die sich nun in verschiedener Weise mit Technologie beschäftigen. Es diskutierten unter der Moderation von Dirk Hartung:

  • Corinna Coupette – Doktorandin der Rechtswissenschaft (Dissertationsprojekt zu Netzwerkforschung im Recht) und Studentin der Informatik
  • Gernot Halbleib – Legal Tech Unternehmer, Berater für Kanzleien und Startups sowie Legal Engineer
  • Lukas Mezger – Rechtsanwalt, Autor juristischer Wikipedia-Artikel und stellvertretender Vorsitzender von Wikimedia Deutschland e.V.
  • Philipp Sahrmann – Doktorand der Rechtswissenschaft, Student der Informatik, IT-Berater und Entwickler.

Zum Auftakt der Veranstaltung erörterten die Diskutanten die Frage, was Legal Tech eigentlich bedeutet. Vorgeschlagen wurden:

  • Rechtsprobleme digital neu denken;
  • Technologische Anwendungen, die sich unmittelbar auf das Geschäftsmodell auswirken;
  • Software, die Rechtsberatung leistet; und
  • Technologische Unterstützung jeglicher juristischer Arbeit.

Von Dr. Gernot Halbleib wurde dann die Unterscheidung zwischen Legal Tech und Office Tech vorgeschlagen. Office Tech sei alles, was Textverarbeitung, E-Mails und die elektronische Akte betreffe, während Legal Tech beispielsweise intelligente Wissensdatenbanken, Smart Contracts und algorithmische Entscheidungssysteme umfasse. Philipp Sahrmann entgegnete in diesem Zusammenhang, dass seiner Erfahrung nach bereits im weniger innovativen Office Tech Bereich viele Dinge nicht effizient gestaltet seien und demnach zunächst dort optimiert werden sollte, um überhaupt die Voraussetzungen für den Einsatz innovativerer Lösungen zu schaffen.

Weiter wurde darüber gesprochen, wie Legal Tech den Zugang zum Recht verbessern könne. Einige Anwendungen lösten bereits jetzt Probleme, die aus verschiedenen Gründen sonst nur selten beim Anwalt gelandet wären. Als Beispiele wurden unter anderem der Legal Chatbot für Strafzettel DoNotPay und der Abmahnbeantworter des Chaos Computer Clubs genannt. Alle Panelteilnehmer waren sich darin einig, dass diese Entwicklung zivilgesellschaftlich wünschenswert sei.

Als weitere Fragen wurden unter anderem erörtert:

  • Verlieren Juristen gerade die Deutungshoheit über Bereiche, die vorher durch die Rechtsordnung geregelt wurden?
  • Angenommen, die Deutungshoheit ginge gerade verloren: Haben Juristen eigentlich einen Anspruch darauf?
  • Wenn Lebenssachverhalte durch normative Technologie geregelt werden: Wer sollte bestimmen, was die Defaults sind?

Eine interessante Perspektive offenbarte der Kommentar von Philipp Sahrmann, dass das Recht, so wie es gegenwärtig kodifiziert ist, aus der Perspektive eines Software-Entwicklers eine einzige Katastrophe sei. Corinna Coupette stimmte dem zu und fügte an, dass wir vor dem Hintergrund dessen, was derzeit technologisch möglich ist, hinterfragen sollten, wie wir Recht erzeugen. Nach mehreren Wortmeldungen wurde festgestellt, dass zwischen Informatikern und Juristen in Bezug auf ihre Arbeitsweise sehr viele Gemeinsamkeiten bestünden, was aber wenigen bewusst sei, da zwischen Vertretern beider Fächer kaum Austausch bestünde.

Dies nahm Dr. Gernot Halbleib zum Anlass, um über das Berufsbild des Legal Engineers zu sprechen. Ein Legal Engineer stelle das in Zukunft immer wichtiger werdende Bindeglied dar zwischen dem Informatiker, der unter anderem programmieren könne, und dem Juristen, der über Rechtskenntnisse verfüge. Er übersetze in gewisser Weise von der juristischen Sprache in eine Form, die ein Informatiker verarbeiten könne, und zurück. Legal Engineer könne sowohl ein Jurist sein, der die Arbeitsweise der Informatiker verstehe, als auch ein Programmierer, der sich juristische Kenntnisse angeeignet habe.

Zum Abschluss bat Dirk Hartung die Diskutanten, den anwesenden Studenten noch einen Tipp für die selbständige Weiterbeschäftigung mit Legal Tech mit auf den Weg zu geben. Die Doktoranden auf dem Podium wiesen darauf hin, dass die Informatik dabei helfe, das Recht als System zu verstehen. Sie legten den Studenten die direkte Konfrontation mit dem Programmieren ans Herz, beispielsweise durch die Aneignung einer Programmiersprache (Python lernen). Dr. Gernot Halbleib ergänzte, dass es in Zukunft bei interdisziplinären Teams wichtig sein werde zu verstehen, wie Informatiker arbeiteten, und dass dies beispielsweise bei ehrenamtlichen Projekten erlernt werden könne.