Wenn die Lebensversicherung nichts abwirft: Helpcheck sichert Geschädigten mit Widerruf Bares

Von Mischa Peters — Sparer, die für die Altersvorsorge auf Renten- und Lebensversicherungen gesetzt haben, erleben heute – in Zeiten andauernder Niedrigzinsen – oft ein böses Erwachen. Die effektive Verzinsung liegt meist deutlicher niedriger als angenommen, einst sicher geglaubte Überschüsse kommen nicht zur Auszahlung. Das Düsseldorfer Startup Helpcheck hat sich auf den Widerruf und die Rückabwicklung fehlerhafter Lebensversicherungsverträge spezialisiert, die zwischen Mitte 1994 und Ende 2007 abgeschlossen wurden. Bei fehlerhaften Widerspruchsbelehrungen können Versicherte noch heute widerrufen und einen Großteil Ihrer Beiträge zuzüglich Zinsen zurückfordern – auch wenn die Versicherung bereits gekündigt wurde oder ausgelaufen ist. Im Interview mit dem Legal Tech Blog stellt Gründer Peer Schulz das Geschäftsmodell von Helpcheck näher vor.

LTB: Lieber Herr Schulz, schön, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben. Helpcheck unterstützt Verbraucher dabei, ihre vor Jahren abgeschlossenen Lebensversicherungen rückabzuwickeln und damit verbundene Rechte, notfalls auch vor Gericht, durchzusetzen. Wie ist diese Geschäftsidee entstanden?

Peer Schulz: Bei uns gab es nicht wie bei anderen Startups „den einen Moment“. Vielmehr entwickelte sich die Idee aus verschiedenen Situationen heraus. Als mein Mitgründer Phil und ich im Jahr 2015 unser Master-Studium absolviert haben, kamen die ersten Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofes.

Auch kannten wir bereits das Thema Flugverspätungen und Anbieter wie beispielsweise flightright, welche schon damals auf automatisierte Fallbearbeitung setzten. Nachdem wir beide im eigenen Familienkreis den Unmut über die (Lebens-)Versicherer erfahren haben, war die Idee, einer großen Anzahl an Menschen den einfachen Zugang zum (Versicherungs-)Recht zu gewähren, geboren.

LTB: Wie funktioniert denn das Geschäftsmodell von Helpcheck? Wer kann sich mit seinem Anliegen an Sie wenden? Und wie wird dem Kunden konkret geholfen?

Schulz: Als “Justice-as-a-Service”-Legal-Tech-Startup bringen wir Rechtssuchende und Rechtsanwälte über unsere Plattform zusammen. Konkret bezieht sich unser Angebot derzeit auf den Widerruf und die Rückabwicklung fehlerhafter Lebensversicherungsverträge, die zwischen Mitte 1994 und Ende 2007 abgeschlossen worden sind und noch heute auf Grund fehlerhafter Widerspruchsbelehrungen rückabgewickelt werden können. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Vertrag bereits gekündigt wurde, vertragsgemäß ausgelaufen ist oder noch heute besteht.

Im ersten Schritt können Versicherte ihre Vertragsunterlagen auf unserer Webseite www.helpcheck.de zur kostenlosen rechtlichen Prüfung und finanzmathematischen Berechnung des Vertrages hochladen. Anschließend wird dem User / Versicherungsnehmer sein Prüfungsergebnis und die Berechnung des Anspruchs mitgeteilt. Im nächsten Schritt kann er sich entscheiden helpcheck und unsere Partneranwälte mit nur einem Klick und einer digitalen Signatur zu beauftragen. Anschließend werden unsere Partneranwälte aktiv und wir betreuen den Mandanten über den gesamten Prozess.

Unsere Dienstleistung basiert dabei auf einer reinen „no win, no fee“-Basis. Das bedeutet, dass wir nur im Erfolgsfall ein Honorar in Höhe von 25 % erhalten, welches sich auf den tatsächlich erzielten Mehrwert (Rückerstattung) bezieht.

LTB: Warum ist es besser, den Versicherungsvertrag zu widerrufen statt ihn einfach zu kündigen?

Schulz: Bei einer Kündigung erhalte ich als Versicherungsnehmer lediglich meinen „Rückkaufswert“. Dieser liegt häufig unter den eingezahlten Beiträgen. Bei einem Widerruf und einer Rückabwicklung erhalte ich meine eingezahlten Beiträge und zusätzlich eine Nutzungsentschädigung (zusätzlich noch einmal 30 bis 50 %), da die Versicherung mit meinem Geld gewirtschaftet hat. Lediglich der tatsächliche Risikoschutz muss abgezogen werden.

So kann bei einer Rückabwicklung in vielen Fällen das Doppelte im Vergleich zur normalen Kündigung erzielt werden, bzw. nachträglich noch einmal der Auszahlungsbetrag bei Kündigung eingefordert werden. Wir empfehlen jedoch ausdrücklich jeden Vertrag vorab prüfen, bzw. berechnen, zu lassen und auch persönliche Risiken (Enthält mein Vertrag eine Berufsunfähigkeitsversicherung? Wurde der Vertrag als Sicherung abgetreten?) zu berücksichtigen.

LTB: Wer sind die Gründer und wie groß ist das Team von Helpcheck derzeit? Planen Sie personell in nächster Zeit zu wachsen?

Schulz: Helpcheck wurde im Januar 2016 von Phil Sokowicz und mir gegründet. Aktuell umfasst unser Team 15 Mitarbeiter. Als Startup sind wir ständig auf Wachstumskurs. Derzeit legen wir zudem unseren Fokus auf die Entwicklung von Kanzleisoftware um die rechtliche Abwicklung möglichst effizient zu gestalten.

LTB: Stehen Sie in Konkurrenz zu anderen Anbietern ähnlicher Services? Gibt es einen Wettbewerbsvorteil für Helpcheck? Und wenn ja, worin liegt der?

Schulz: Für mein Verständnis gibt es wenige Themen im Verbraucherrecht, die so komplex sind wie der Widerruf einer Lebensversicherung. Wir haben den Umstand, dass über 200 verschiedene Lebensversicherungsgesellschaften aus einem Zeitraum von fast 24 Jahren betroffen sind. Diese haben in dem besagten Zeitraum natürlich unterschiedliche Versicherungsprodukte auf den Markt gebracht, welche allesamt klassifiziert werden müssen. Zudem muss der Versicherungsnehmer für die Berechnung der Nutzungsentschädigung dem Versicherer nachweisen, was dieser mit seinem Geld erwirtschaftet hat.

Hier reicht keine pauschale Berechnung mit beispielsweise 5 % über dem Basiszins. Vielmehr muss für jeden Versicherungsvertrag auf Monatsbasis die Abschluss- und Verwaltungskostenquoten, die Reinverzinsung, die Risikoanteile und viele weitere Faktoren dargelegt werden. Streng genommen sind natürlich Anwaltskanzleien, die das Thema ebenfalls bearbeiten unsere „Konkurrenten“. Hier pflegen wir jedoch zu vielen Kanzleien einen kooperativen Austausch und unterstützen beispielsweise mit unserer eigens entwickelten Fallbearbeitungssoftware.

LTB: Konnten Sie von früheren Entwicklungsstufen ihres Angebots lernen? Wie lief die Weiterentwicklung von Helpcheck?

Schulz: Gestartet sind wir als reine “Justice-as-a-Service”-Plattform um Rechtssuchende und Anwälte (für unser Thema) zusammenzubringen und den einfachen Zugang zum Recht zu ermöglichen. Wir mussten jedoch lernen, dass für Anwälte eine effiziente Bearbeitung einer hohen Anzahl von Fällen nur mit digitalen Lösungen und Software möglich ist.

So gehen wir nun immer mehr in die Entwicklung von Kanzleisoftware für „Legal Claims“ über, um a) unseren Partnerkanzleien einen reibungslosen rechtlichen Ablauf zu gewähren und b) die Software auch für weitere Anwendungsfelder zu öffnen.

LTB: Was erwarten Sie für die Zukunft? Wie wird/soll Helpcheck mittelfristig dastehen?

Schulz: Als Online-Plattform für eine Vielzahl von Rechtsansprüchen und als führender Player in der Entwicklung von Legal-Tech-Software.