Von Tom Braegelmann
Der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Felix Hufeld, hat am 7. Juni 2018 in Berlin eine Grundsatzrede zu den Themen
Blockchain, Smart Contracts und Dapps
gehalten, mit folgenden Kernaussagen:
Hufeld zu Smart Contracts:
- janusköpfiges Gebilde, irgendwo zwischen Hype und Erfolgsmodell
- Smart Contracts haben einige eklatante Schwächen, die sie unter anderem anfällig für Cyberattacken machen.
- als Achillesferse haben sich in der Vergangenheit die Programmcodes erwiesen.
- außerdem können die Codes nicht geändert werden, “was die smartness dieser Kontrakte doch erheblich einschränkt”
- Dem, aus dem Zivilrecht bekannten Prinzip, Verträge einer wertenden Betrachtung zu unterziehen, werden Smart Contracts nicht gerecht.
- Eine Auslegung nach dem intendierten Sinn und Zweck einer Regelung kann im Nachhinein ebenfalls nicht automatisch vorgenommen werden.
- Smart Contracts sind damit in etwa so smart wie eine Djuke Box aus den 70er Jahren, aus der nach Einwurf einer Münze ein fest vorgegebenes Lied erklang.
- Die Verträge aus der analogen Welt sind – zumindest in diesem Punkt – smarter. Selbst im Fall unvorhersehbarer Ereignisse ist es möglich, eine wertende Betrachtung vorzunehmen und das wirklich Gewollte zu erreichen, sogar wenn sich die Bedingungen zwischenzeitlich massiv verändern.
Hufeld zu Dapps:
- Tatsächlich revolutionär könnte das durch Smart Contracts ermöglichte Konzept eines dezentralen Computerprogramms werden, man spricht dabei auch von distributed Apps („Dapps“).
- Diese Apps sind nicht nur sicher vor Ausfällen einzelner Rechner oder Anbieter, sie fördern auch die Entwicklung einer „Blockchain-Ökonomie“.
- Dieses Wirtschaftsmodell halten einige Experten für eine echte Alternative zu den Zentralisierungstendenzen einer fortschreitenden Plattformisierung, wie wir sie heute schon in Nordamerika oder Asien sehen, wo führende Bigtechs für Millionen von Menschen neben klassischen Online-Dienstleistungen auch Bankgeschäfte abwickeln.
Allgemeine Aussagen zum Potential der Blockchain-Technologie:
- In Estland, das 2015 zum „Most digital Country in the World“ gekürt wurde, kommt die Blockchain schon bei vielen Dienstleistungsangeboten der öffentlichen Verwaltung zum Einsatz
- In Schweden wiederum läuft seit vergangenem Juli ein Pilotprojekt, bei dem diese Technologie für Grundbucheintragungen genutzt wird
- Manchen Ländern Afrikas könnte dank der Blockchain ein regelrechter Quantensprung gelingen, beispielsweise bei der Dokumentation von Eigentumsrechten. Für Entwicklungshilfeprofis eine Grundvoraussetzung, um echtes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum in Gang zu setzen
- Auch in der Finanzbranche besteht das Potenzial, einen gesamten Sektor auf den Kopf zu stellen
- Insbesondere, weil die Blockchain-Technologie Intermediäre – zumindest technologisch – überflüssig machen kann, da der Verzicht auf zwischengeschaltete Dienstleister Geld spart
- Das disruptive Potenzial dieser Technologie reicht aber über das Kostensparen hinaus
- Zahlungen werden automatisch durch Computerprotokolle, sogenannte Smart Contracts, die Verträge digital abbilden, geprüft und gegebenenfalls angewiesen
- Auch Nicht-Techies können erkennen, welche Möglichkeiten die Blockchain-Technologie bietet, um neue Standards auf den Finanzmärkten zu etablieren.
- Die mit Abstand bekanntesten Vertreter der Blockchain-Technologie sind aktuell aber Krypto-Token wie der Bitcoin.
- Die Blockchain aber nur auf Token zu reduzieren, wäre grundfalsch.
Was macht die BaFin derzeit?
- Analyse und Marktbeobachtung
- Hufeld sagte, “Wir müssen die technischen Potenziale zunächst rechtlich und wirtschaftlich sauber einordnen, erst dann sollten wir handeln. Dabei dürfen wir allerdings nicht den Fehler machen, überzuschießen. ”
- “Innovationen brauchen gerade am Anfang Raum, um sich entwickeln zu können.”
- “Wenn wir aber Gefährdungslagen für die Finanzstabilität oder den Schutz der Verbraucher erkennen, werden wir nachkalibrieren – sei es auf der Ebene aufsichtlicher Verwaltungspraxis, sei es auf den Feldern von Gesetzgebung und Regulatorik.”
- “Wie gehen wir mit dem Spannungsverhältnis zwischen Innovation und Sicherheit um? Es kann nicht unser Ansatz sein, aus Angst vor den Risiken einer Technologie deren Chancen wegzuregulieren.”
- “Andererseits dürfen weder Regulierer noch Aufseher die Risiken der Blockchain oder anderer Phänomene der Digitalisierung bagatellisieren.”
- “Als BaFin müssen wir aber auch Fragen des Verbraucherschutzes im Blick haben, die sich etwa bei der Erstausgabe neuer Token, den Initial Coins Offerings, kurz ICOs, stellen. Diese Form des Crowdfundings ist bislang ein unreguliertes und insbesondere für private Anleger hoch spekulatives Verfahren.”
- “Wir werden nicht jeden einzelnen Anleger vor seinem Schicksal bewahren können, und das kann auch nicht Aufgabe staatlicher Aufsicht sein. Auch hier gilt die Maxime: Wir müssen dann aufsichtlich oder regulatorisch handeln, wenn die Finanzstabilität insgesamt bedroht wäre oder Verbraucher systematisch Schaden nehmen könnten.”
- Die EU-Kommission hat einen FinTech-Aktionsplan veröffentlicht, der sich mit zentralen Regulierungsfragen rund um die Blockchain-Technologie befasst.
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