Die fünf Schlüssel zum Transformationserfolg für Kanzleien – Teil 2

von Daniel Biene & Uwe Schuricht *

Weltweit ist die digitale Innovation des Rechtsmarktes in aller Munde. Nahezu alle Kanzleien und Rechtsabteilungen befassen sich aktiv mit dem Thema. Trotz alledem sind im deutschen Markt bisher keine wirtschaftlich messbaren Ergebnisse der Diskussion entstanden. Der akademische Diskurs hat seinen Weg in die Praxis noch nicht gefunden. Das gilt insbesondere für Kanzleien. Basierend auf unserer langjährigen Arbeit in Digitalisierungsprojekten haben wir die fünf entscheidenden Schlüssel für die erfolgreiche Positionierung von Kanzleien in der digitalen Transformation zusammengestellt. (Fortsetzung von Teil 1)

#2 — Den Talentpool erweitern

Ein weiterer den Erfolg derzeit noch hemmender Faktor ist die mangelnde “Skill Diversity” in Kanzleien. Typischerweise gibt es sogar in größeren Kanzleien keinen Mitarbeiter, der über die für die Digitalisierungsaufgaben wirklich erforderlichen Qualifikationen verfügt. Stattdessen wird häufig versucht, die Aufgaben mit nicht adäquat ausgebildetem Personal (z.B. Anwälte mit IT-Affinität oder Programmierkenntnissen) oder allein mit zu weit am Rande der Organisation angesiedelter Unterstützung (z.B. Juniormitarbeiter, externe Berater, Kooperationen mit Startups) zu bewältigen.

Die Personalstruktur von Anwaltskanzleien ist grundlegend anders als die der meisten anderen Professional Services Firms. Noch größer sind die Unterschiede zwischen Kanzleien und den in ein Unternehmensumfeld eingebundenen Rechtsabteilungen, wo auch Nichtjuristen zumindest mittelbaren Einfluss ausüben. In Kanzleien sind Juristen allein unter sich, und es besteht ein breiter Graben zwischen Anwälten als Eigentümer und Manager der Organisation auf der einen Seite und Hilfskräften ohne echte Einflussmöglichkeiten auf der anderen Seite. Entscheidungen werden also von einer Personengruppe mit sehr homogenen Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen getroffen. Lange etablierte organisationspsychologische Erkenntnisse zeigen jedoch, dass gute Entscheidungen und Umsetzungen nur auf Grundlage breiter Fähigkeiten und Merkmale wachsen können.

Kurz gesagt: Kanzleien schmoren meist zu sehr im “eigenen Saft”, um Innovationsaufgaben erfolgreich angehen zu können.

Inzwischen ist bei ersten — meist internationalen — Kanzleien zu beobachten, dass ein starkes professionelles Management unter einflussreicher Beteiligung von Nichtjuristen zugelassen wird. Kanzleien beginnen zu erkennen, dass Digitalisierung besondere Fachkenntnisse erfordert, über die Juristen typischerweise nicht verfügen. Genau diese Kanzleien verfolgen heute auch bereits die stärksten Innovationsstrategien mit respektablen, messbaren Ergebnissen.

Rechtsabteilungen von Unternehmen waren auf diesem Gebiet Vorreiter. Sie haben ihr Skill Set durch erfahrene Manager mit Digitalkompetenz, insbesondere aus dem Bereich Prozessoptimierung und Change Management, verstärkt. Es ist höchste Zeit, dass Rechtsanwaltskanzleien sich entsprechend aufstellen. Die Idee, dass Juristen zugleich auch kompetente Manager sind und fachfremde Wissensgebiete hinreichend beurteilen können, wird der Komplexität der heutigen Wirtschaftswelt nicht mehr gerecht.

Schlüssel #2: Investieren Sie in “Skill Diversity”. Nehmen Sie nicht-juristische Expertise in Ihre Teams auf, schenken Sie dieser Expertise echtes Vertrauen und erlauben Sie ihr Einfluss. Akzeptieren Sie, dass Juristen vieles können, aber nicht auf jedem Gebiet ausreichend tiefe Fachkenntnis und Erfahrung haben.

– Dieser Beitrag erscheint in insgesamt fünf Teilen. Die Teile drei bis fünf erscheinen in den kommenden Wochen ebenfalls im Legal Tech Blog. –

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Die fünf Schlüssel zum Transformationserfolg für Kanzleien – Teil 1

* Dr. Daniel Biene und Dr. Uwe Schuricht sind Partner der Change Group in Berlin (www.change-group.net).