Die richtige Mischung: Hoch qualifizierte persönliche Beratung in Kombination mit LegalTech

Von Mischa Peters

Prof Dr. Christoph Schalast ist Gründungspartner der Frankfurter Wirtschaftskanzlei Schalast und daneben u.a. als Aufsichtsrat beim erfolgreichen Legal-Tech-Startup Clarius.Legal tätig. Mit seinem Vortrag “Legal Tech und die Digitalisierung. Chancen für mittelständische Anwaltskanzleien?” lieferte er einen der spannendsten Beiträge bei den diesjährigen Legal Transformation Days in Berlin. Die Inhalte des Vortrags haben wir für Sie noch einmal zusammengestellt. Sie erscheinen – ergänzt um einen erläuternden Text – in den nächsten Tagen im Legal Tech Blog. Lesen Sie heute im Interview mit Prof. Dr. Schalast, worin für ihn die Faszination von Legal Tech liegt, wo er das größte Potenzial für Innovation sieht und was für ihn in diesem Bereich der Schlüssel zum Erfolg ist.

LTB: Lieber Prof. Dr. Schalast, vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen und unseren Lesern ein paar Fragen zur Person beantworten. Sind Sie eigentlich ein besonders technikbegeisterter oder computeraffiner Mensch? Die Berührungspunkte zwischen Rechtswissenschaft und Technik waren ja vor nicht allzu langer Zeit noch recht überschaubar.

Schalast: Wie Sie zu Recht vermuten, bin ich in einer vordigitalen Welt groß geworden. Die einzige Innovation, die ich etwa während meines Jurastudiums in dieser Richtung erlebte, waren Schreibmaschinen, die drei Zeilen speichern konnten und so eine gewisse Korrekturmöglichkeit eröffnet haben. Nichtsdestotrotz haben wir während des Studiums in den 1980er Jahren beriets viele – auch ethische – Themen im Verhältnis Rechtswissenschaft und künstliche Intelligenz diskutiert. So war eines der Themen, ob ein Computer (wir kannten nur gigantische IBM Computer) nicht der bessere Richter wäre, wenn er Zugang zu allen Informationen hat und wirklich „objektiv“ entscheidet. Die Antwort war letztendlich ein klares Nein.

LTB: Sie sind Gründungspartner einer der führenden Wirtschaftskanzleien in Frankfurt a.M., die seit vielen Jahren die Themen Digitalisierung und Fin- und InsurTech offensiv angeht, und als Aufsichtsrat beim erfolgreichen Legal-Tech-Startup Clarius.Legal schon vergleichsweise lange im Thema. Erinnern Sie sich noch, wann Sie sich erstmals mit Legal Tech befasst haben? Der Begriff war zu der Zeit vermutlich noch nicht erdacht.

Schalast: An die ersten Berührungspunkte mit LegalTech Lösungen kann ich mich noch sehr gut erinnern. Hintergrund waren die großen Portfoliotransaktionen von notleidenden Krediten/Non Performing Loans ab den Jahren 2003 ff. Angesichts der schieren Menge von tausenden von Kreditverträgen und dazugehörigen Urkunden, Grundbuchblättern etc. haben wir bereits damals nach Lösungen gesucht, diese (auch) mit Hilfe von Software auszuwerten, um die Due Diligence Arbeit im Datenraum zu erleichtern. Leider gab es aber praktisch umsetzbare Angebote erst in den 2010er Jahren.

LTB: Wann kam der Zeitpunkt, ab dem Sie überzeugt davon waren, dass Legal Tech keine Spielerei einiger “Software-Nerds” ist, sondern dass sich daraus ein erstzunehmender Entwicklungsbereich der Rechtsbranche entwickelt, der profitabel eingesetzt werden kann?

Schalast: Für die Entscheidung, selbst in LegalTech zu investieren, war insbesondere die intensive Diskussion und der Austausch in unserem internationalen Netzwerk Multilaw ausschlaggebend. Wir sind seit 2010 aktives Mitglied und in den letzten Jahren waren insbesondere die Managing Partner Meetings während unserer Annual Global Meetings wie auch der EMEA Meetings von den Chancen bei dem Einsatz von LegalTech aber auch geänderten Erwartungen der Mandanten in diese Richtung geprägt.

LTB: Auf welche Bereiche von Legal Tech schauen Sie derzeit mit dem größten Interesse? Wo steckt Ihrer Meinung nach das meiste Potenzial für Innovation?

Schalast: Unter LegalTech werden heute sehr viele unterschiedliche Angebot subsummiert, ähnlich auch bei FinTech/RegTech. Aus meiner Sicht bestehen die wichtigsten Entwicklungspotentiale vor allem bei standardisierten Due Diligence Prozessen, nationalem und grenzüberschreitendem Corporate Housekeeping bei großen Mittelständlern und Konzernen, Compliance (insbesondere Antitrust Compliance) sowie Compliance Investigations. In all diesen Bereichen brauchen wir bessere Angebote, als die die derzeit auf dem Markt sind. Dies kostet natürlich viel Entwicklungsaufwand und im Bereich LegalTech ist echter Fortschritt nur zu erwarten, wenn hochspezialisierte Juristen mit den Softwareentwicklern eng zusammenarbeiten. Da gibt es derzeit noch die größten Defizite.

LTB: Legal-Tech-Anwendungen werden zum Teil nach wie vor mit Skepsis betrachtet. Was entgegnen Sie Kollegen aus der Anwaltschaft, die den Nutzen von Legal Tech für Ihre Kanzlei anzweifeln?

Schalast: Die meisten Zweifler an LegalTech kommen mit der Begründung daher, wir würden uns quasi selbst wegrationalisieren. Das ist natürlich Unsinn. Unsere Kanzlei macht kein Massen-B2C-Geschäft, wie etwa die Anbieter Flightright oder Geblitzt.de. Unser Ansatz ist, dass wir unseren Mandanten eine optimale Lösung für ihr Problem beziehungsweise Projekt anbieten wollen. Und dies zu einem attraktiven Preis. Dies bedeutet, dass wir überall dort, wo LegalTech bereits heute anwaltliche Standardarbeit ersetzen kann, LegalTech auch einsetzen, wenn der Mandant dies wünscht. Im Ergebnis macht es dann die richtige Mischung, hoch qualifizierte persönliche Beratung in Kombination mit LegalTech, dies ist für mich der Schlüssel zum Erfolg.

LTB: Vielen Dank für das Gespräch, Prof. Dr. Schalast.

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mit der Präsention von Prof. Dr. Schalast.